Auf die Idee
ein Buch über Hilfengebung beim Reiten zu schreiben bin ich durch einen Freund
gekommen: der ist erwachsener Reiteinsteiger. Intelligent, sportlich, belesen
und ambitioniert, die klassische Dressur von Grund auf zu erlernen. Was
zunächst nach einem Traum von einem Reitschüler klingt, stellte sich in der
Praxis als reichlich nervig heraus. Denn jedesmal, wenn wir ein Detail der
Hilfengebung klären konnten, also eine Übung gut gelang und ich dachte, er
müsste doch jetzt zufrieden vom Pferd steigen, kam der vorwurfsvolle Spruch: „Ach,
sooo geht das. Sag das doch gleich so!“. Gerne gefolgt von „Ja, aber wieso steht
das mit den Hilfen so genau denn nirgends? Sagt einem ja keiner!“ oder auch das
berühmte „Jaaaaaaa, aber wieso geht das denn bei dem anderen Pferd, was ich
noch reite, nicht so?“.
Ich solle
das doch bitte mal alles aufschreiben. Wäre dann ja auch wesentlich effizienter,
die Hilfen VOR der Reitstunde alle schon zu wissen. Am besten natürlich für
alle Übungen, die wir gerade so besprechen und die er gerne lernen würde. Auch passend
für jedes Pferd. Und so ganz detailliert. Was genau man denn dann wie mit
welchem Körperteil macht und so weiter. Und warum am besten noch. Mal alles ganz systematisch!
Versierte Reiter schmunzeln nun wahrscheinlich schon längst: Denn
so einfach zu erklären ist das „alles“ natürlich nicht. Die Hilfengebung ist
zwar - wenn man’s kann - absolut logisch. Also auf konkrete Fragen zu antworten
und den Einzelfall (also einer praktischen Reitstunde, wo man Pferd und Reiter
vor sich sieht) zu erklären ist natürlich machbar, aber die Hilfengebung in
ihrer GESAMTHEIT in einem BUCH zu erläutern?!? - Unmöglich!
Nun ja, grundsätzlich wollte ich das natürlich schon gerne
können. Will ich auch immer noch. Ein ehrgeiziges Projekt.
Wir begannen damit, mal wenigstens die einzelnen Hilfen zu
definieren. Da gibt’s ja diese Liste, die jeder Reitabzeichenanwärter auswendig
zu lernen hat. Zunächst wollte ich wenigstens diese Begriffe erklären: wie
genau diese einzelnen Hilfen technisch denn funktionieren. Also, was IST denn
nun beispielsweise eine seitwärtsweisende Zügelhilfe? Wie GEHT das, was macht
man da, wie genau dreht man da den Arm und wieso? Und wann genau? Und wofür?
Und schon waren wir bei der Kombination der verschiedenen Hilfen… Die führt ja
dann zu den ganzen Lektionen.
Natürlich steht in der Reitlehre, wie beispielsweise ein
Schulterherein auszusehen hat, wofür man das reitet und wie - theoretisch - die
Hilfen dafür sind. Gibt’s ja alles schon!
Die Reitlehre beschreibt aber eben den Optimalfall. Wenn man
eh schon weiß, wie die Hilfen technisch gehen und auf einem ausgebildeten Pferd
sitzt, dann kommt einem das auch alles logisch vor. Als Dressur-Einsteiger, am
Ende noch mit einem nicht ganz so optimal ausgebildeten Pferd, stößt man da
aber bald an seine Grenzen: Was denn nun, wenn der Optimalfall nicht eintritt?
Braucht es dann zusätzliche Hilfen? Oder stärkere? Oder am Ende sogar weniger?
Und wieso „kann“ ich diese Lektion mit dem einen Pferd und mit dem anderen
nicht?
Auch diese Infos, für den „Nicht-Optimal-Fall“, sind
natürlich in der Reitliteratur bereits zu finden. Es gibt so viele gute Bücher,
die es zu lesen wert sind (Literaturtipps siehe meine Webseite). Aber die gesamte
Hilfengebung mit System und im Detail erklärt gibt es meines Wissens nicht.
Als ich also versuchte, dieses Buch zu schreiben, wurde mir
auch schnell klar, warum es das nicht schon gibt: Es wäre nämlich ein
mehrbändiges Werk im Umfang eines Brockhaus! Die Zusammenhänge zwischen den
verschiedenen Hilfen sind schier unendlich. Die Sonderfälle häufen sich, jedes
Pferd ist ja verschieden. Um beim Beispiel Schulterherein zu bleiben: Was soll
ich machen, wenn das Pferd nach vorne drängelt? (Kann daran liegen, dass ich im
Vorfeld schon was falsch oder zuviel gemacht habe, ich also etwas „lassen“
sollte -kann aber auch sein, das aktuell etwas „fehlt“). Wenn es auf eine
Schulter kippt? Klar, die natürliche Schiefe… aber welche Hilfen ich da jetzt
akut verändern oder verstärken sollte, hängt ja wieder ganz individuell vom
Pferd ab: Ob wir auf der hohlen oder der Zwangsseite arbeiten. Vom Exterieur. Und
was soll ich machen, wenn sich das Pferd verhält? Kann ja sein, das Pferd
versteht mich nicht (was könnte ich denn da alles falsch machen?), kann aber
auch sein, es „will“ nicht (warum nicht?!) oder besser: Es kann einfach gerade nicht!
Und was, wenn sich das Pferd auf die Hand stützt? Wenn es sich nicht genug
abstellt, wenn es sich zu viel abstellt. Wenn ich in der Hüfte einknicke. Woher
merkt man überhaupt, dass man einknickt? Und wie fühlt es sich an, wenn es
richtig ist?
Ich war dann länger krank und hatte dadurch theoretisch viel
Zeit zum Schreiben - aber eben auch viel Zeit, darüber nachzudenken, dass ich
mein System, erst alle Hilfen zu erläutern und dann alle Lektionen, nicht
durchhalten konnte. Ich gab auf (sehr zum Leidwesen oben erwähnten
Freundes/Reitschülers) und das Projekt lag auf Eis.
Wollte ich, natürlich. Schon als kleines Kind wollte ich
unbedingt Reitlehrerin werden. Oder Schriftstellerin. Damals dachte ich an
Gedichte und Geschichten, aber heute liegt es natürlich nahe, über’s Reiten zu
schreiben.
Im Frühjahr 2012 ging dann die konkrete Planung los. Ich
lernte (virtuell bzw. am Telefon) meine Lektorin Maren Müller kennen. Sie erstellte
mit mir das Konzept für’s Buch, und das war vermutlich ein verdammt harter Job:
Aus meiner unmöglichen Idee musste ja ein machbares Buch
werden. Zur Verfügung hatten wir 128 Seiten, 190 tausend Zeichen. Und das Ganze
sollte dann bitte auch noch lesbar sein von meiner „Zielgruppe“ der
ambitionierten Freizeitreiter. Mein erster Konzeptentwurf klang leider eher
nach Doktorarbeit denn nach Praxisratgeber (damals war ich ja noch fleißige
Studentin und voll im Pädagogen/Psychologen-Jargon zuhause). Dank Maren wurde
aber alles besser. Ich war zunächst nicht leicht zu überzeugen, das Konzept
derart „herunterzubrechen“, dass das dann alles in ein Buch passt. Rückblickend
bin ich natürlich sehr froh um ihre klaren Worte und professionelle
Unterstützung, denn wie sich beim Schreiben herausstellte, ist auch das „verkürzte“
Konzept inhaltlich noch extrem dicht und dem Leser wird so oder so der Kopf
rauchen J.
Mein Ziel für dieses Buch war und ist es nun, die Grundsätze
der Hilfengebung zu erklären (und nicht mehr ihre Gesamtheit). Es geht darum,
eine Basis zu legen: Der Reiter soll zunächst prinzipiell verstehen, wie ein
Pferd lernt und reagiert und warum man Hilfen wie zusammensetzt, damit feines
Reiten möglich wird. Außerdem soll im Praxisteil eine Basis gelegt werden, mit
welchen Übungen in der Grundausbildung die Voraussetzungen geschaffen werden
können, um darauf dann später auch die hohen Lektionen aufzubauen. Im dritten
Teil geht es darum, in Selbstkontrolle die eigene Grundlagenarbeit zu
überprüfen.
In gewohnt effizienter Manier schrieb ich das Manuskript also
quasi in einem Rutsch und hielt mich problemlos an meinen gutausgeklügelten
Zeitplan. Da ich nebenbei natürlich normal gearbeitet habe, blieben zum
Schreiben nur die „Nicht-Unterrichtszeiten“, die aber dank meiner zuverlässigen
Stallhelfer Nele, Rieke und Cathérine gut zu planen waren.
Im Frühsommer musste ich meine praktische Tätigkeit mit jungen
Berittpferden zusätzlich einschränken, da ich schwanger wurde. Theoretisch
blieb also dadurch umso mehr Zeit für’s Schreiben - rückblickend verbrachte ich
diese Zeit allerdings hauptsächlich mit schwangerschaftshormoninduziertem SchlafenJ.
Dabei ging es darum, wirklich echte Aufnahmen aus der Praxis
zu machen. Wie Sie sehen werden, haben wir wirklich junge Pferde abgelichtet,
die sich tatsächlich noch in der Basisausbildung befinden. Lediglich Dobllino,
mein braunes Pony, ist bereits annähernd „fertig“ ausgebildet. Die übrigens
Pferde sind zum Zeitpunkt der Aufnahmen im ersten oder zweiten Jahr der
Grundausbildung.
Für die Bilder der Einwikungsfehler mussten wir demnach auch
nichts „stellen“ (was mich immer amüsiert, wenn das unter Fotos steht), denn
Fehler passieren nunmal. Ich habe keine Probleme damit, nicht auf jedem Bild
perfekt zu reiten, denn es geht in einem Praxisratgeber ja genau darum, diese wenn
sie schon nicht im Vorfeld zu vermeiden waren, dann in der Folge ehrlich und
langfristig zu korrigieren.
Besagter Reitschüler und Freund, dem ich die ganze Idee
überhaupt verdankte, wurde engagiert, um die Abbildungen für das Buch zu
erstellen. Unglücklicherweise sind wir aber beide tagsüber mit Arbeiten beschäftigt
und sahen uns in diesem Sommer auch nicht besonders häufig, sodass die
Verständigung über die Grafiken, Änderungen und Erläuterungen des Nachts am
Telefon stattfinden mussten. Nun bin ich leider ein „grafisch“ absolut
unbegabter Mensch. Stellen Sie sich vor, wie es ist, für mich zu arbeiten: Ich
war mit diversen Details unzufrieden, konnte aber auch nicht genau erklären,
wie er’s denn anders darstellen sollte… Ich kann allerdings versichern: Er hat’s
geschafft J!
Ende Juli war mein Abgabetermin.Herbst/Winter 2012 - Lektorat und freudige Überraschung…
Das Lektorat lief aus meiner Sicht dann wieder gänzlich
unspektakulär ab. Ich war mittlerweile nach Erfurt umgezogen, hoch schwanger
und reitunfähig. Deswegen hatte ich ja Zeit und Muße, die emails mit
Anmerkungen meiner Lektorin Maren Müller immer zügig zu beantworten, sodass wir
prima durchkamen. Viele Änderungen am Text gab es eh nicht, diskutiert wurde
höchstens über nicht optimale Fotos und meine Zitierwut.
Eine freudige Überraschung stellte die Anfrage dar, ob ich
nicht gleich ein zweites Buch mit Cadmos machen wolle. Ich bin immer noch
geplättet und dankbar dafür, dass der Verlag mir direkt den nächsten Vertrag
gegeben hat, noch bevor ein einziges Exemplar des „Basisguides“ über den
Ladentisch gegangen ist! Es ist toll, wenn man das machen kann, was man liebt
und wird noch besser, wenn es bei Anderen „ankommt“ und gefällt.
So startete ich neben den letzten kleinen Korrekturen am
ersten Buch direkt mit der Konzeption und dem Schreiben des Zweiten. Wie gesagt
konnte ich aufgrund der Schwangerschaft nicht mehr reiten und gerade als
Selbständige trifft es sich natürlich gut, in dieser ansonsten „brotlosen“ Zeit
eine Aufgabe zu haben.
Weihnachten 2012 - das
Layout ist da!
Überraschung: Zu Weihnachten gab‘s das fertige Layout (zur
Endabnahme) und den Cadmos-Katalog mit den Neuerscheinungen für’s nächste Jahr.
Ich war sehr glücklich, mein Buch in den Händen zu halten.
Das Titelfoto (mit dem wir schwer gekämpft hatten, weil wir Laien uns alle
nicht recht vorstellen konnten, wie das wirken soll) gefällt mir sehr. Ganz
offensichtlich wussten die Leute von Cadmos genau, was sie da machten.
Im Katalog ist mein Buch sozusagen auf Seite zwei, direkt
nach dem Buch über die Klassische Dressur von Anja Beran, was mich besonders
freut! Ich finde, dieser Platz passt uns ganz hervorragend.
Nun habe ich also mein Buch noch einmal in Gänze mit allen
Fotos und Abbildungen gelesen und bin sehr stolz darauf. Ich glaube, dass es
genau den „Nerv“ trifft, den es treffen soll: Nämlich ein Praxisratgeber zu
sein für den Weg zur klassischen Reitkunst. Ich hoffe, dass es den Lesern
Freunde bereiten wird beim Lesen und den Pferden, wenn ihre Menschen nachher
ein Stückchen besser reiten - im Sinne von feinerer, logischer Einwirkung und
Hilfen, die dem Pferd wirklich HELFEN.
Das Buch geht nun in den Druck und ich in die Babypause. Für das nächste Jahr wünsche ich mir neben meinen privaten Familienfreuden, dass das Buch bei Ihnen positiv ankommt und sich mein Leben als Reitlehrerin und nun auch freiberufliche Buchautorin sich wie gehabt weiterentwickeln wird.
Sie können das Buch gerne schon vorbestellen (beispielsweise bei Amazon). Es wird im März 2013 erscheinen.
GUTEN RUTSCH IN EIN FROHES NEUES JAHR!
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